Stiftungspreis 2012


Dr. Birgit Klostermeier

Klaus von Bismarck-Preis 2012

Der Klaus von Bismarck Preis wurde 2012 an die Berliner Superintendentin Birgit Klostermeier vergeben. Die Preisverleihung fand am 18. April in Berlin statt. Zu den Feierlichkeiten im Haus des Bevollmächtigten des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union kamen mehr als 80 Gäste.

Frau Klostermeier erhielt die Ehrung aus den Händen des Vorsitzenden des Stiftungskuratoriums Dr. h.c. Nikolaus Schneider, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und Ratsvorsitzender der EKD. Im Rahmen der Veranstaltung hielt Bundesfinanzminister a.D. Peer Steinbrück einen Festvortrag zum Thema: "Zur Ökonomisierung der Gesellschaft".


In ihrer mit dem Preis ausgezeichneten Dissertation hat Birgit Klostermeier "Das unternehmerische Selbst der Kirchen" (Titel der Arbeit) thematisiert und einer kritischen Diskursanalyse unterzogen. Auf der Grundlage der Auswertung von Dokumenten der kirchlichen Reform- und Leitbildprozesse hinterfragt sie die immer mehr von ökonomischen Kriterien bestimmten Debatten.


Der EKD-Ratsvorsitzende Präses Nikolaus Schneider würdigte in seiner Laudatio die "herausragend kluge Arbeit" der Theologin. Mit "offenen Augen und scharfem analytischen Verstand" habe Birgit Klostermeier die Veränderungen wahrgenommen und beschrieben, die die Kirche im Zuge der alle Bereiche ergreifenden Ökonomisierung vollzogen habe, sagte Schneider. "Frau Klostermeier setzt sich die durch Michel Foucault geschärfte Brille einer klugen Soziologin auf und seziert den Reformdiskurs innerhalb der Kirche vor allem in den 90iger Jahren." Auch die Kirche muss der allgemeinen Entwicklung der wirtschaftlichen Lage entsprechend handeln, so eines der Ergebnisse der Arbeit.

Bei den Diskussionen um die Zukunft der evangelischen Kirche könne es nur in eine Richtung gehen: um die "Generierung der Kirche als unternehmerisches Selbst". Der Laudator: "Die Ökonomisierung aller Lebensbereiche hat vor der Kirche nicht halt gemacht." Auch die Kirche müsse sich Sparzwängen beugen, für einen Zuwachs an Mitgliedern sorgen und für sich werben - aber gleichzeitig nicht nur "vor dem Tribunal des Markes bestehen, sondern auch vor dem Tribunal Gottes."

Das Ziel der Arbeit Klostermeiers sei es nicht gewesen, zu bewerten oder gar zu moralisieren, verdeutlichte Nikolaus Schneider. Die Autorin steige bewusst nicht in den Diskurs ein. "Es ging vielmehr darum, die Augen für Veränderungen zu öffnen und dadurch künftige Debatten reflektierter und bewusster zu führen."


Gewürdigt wurde die Leistung der Preisträgerin auch in einem Grußwort von Friederike von Kirchbach, Pröpstin der Evangelischen Kirche Berlin Brandenburg Schlesische Oberlausitz (EKBO). "Sie sind eine Frau, die durch diesen Preis und Ihre Promotion weit über die Grenzen unserer Landeskirche bekannt geworden ist." Die Kirchenleitung und die Landeskirche seien stolz darauf, Birgit Klostermeier in einer wichtigen Leitungsfunktion - als Superintendentin des Kirchenkreises Berlin Schöneberg - in ihren Reihen zu haben.


Unter Bezugnahme auf Kernaussagen und Ergebnisse ihrer Arbeit ergibt sich für Frau Klostermeier ein notwendiger kirchlicher Handlungsauftrag. In ihrer Dankesrede forderte sie, die Kirche solle "Mythen jagen und Problematisierungen problematisieren."
Wie viel die Preisträgerin mit ihrer Studie bereits in dieser Richtung bewirkt hat, zeigte sich auf dem Empfang am Abend und den sich dort anschließenden lebhaften Diskussionen in kleinen Gruppen.

(Die Laudatio des Ratsvorsitzenden Dr. h. c. Nikolaus Schneider, das Grußwort der Pröpstin Friederike von Kirchbach sowie die Danksagung der Preisträgerin sind dokumentiert im Jahrbuch Sozialer Protestantismus 6.)


In seinem Festvortrag warnte Peer Steinbrück in starken Worten davor, selbst zwischenmenschliche Beziehungen dem Diktat des Marktes zu unterwerfen. Steinbrück: "Das wird mir manchmal unheimlich." Die Fliehkräfte innerhalb der Gesellschaft hätten deutlich zugenommen. Der Mehrwert müsse besser verteilt werden, "sonst frisst Not sozialen Frieden und Hunger die Demokratie".
Nachdrücklich forderte Steinbrück die Renaissance der Sozialen Marktwirtschaft - zu der sich auch Präses Schneider bekannt hatte - in der der Staat als "Regelsetzer" fungieren solle.


Zur Person: Birgit Klostermeier wurde 1960 in Herford (Nordrhein-Westfalen) geboren. Sie wuchs in Witten auf und studierte Theologie und Soziologie in Göttingen und Heidelberg. Ihr Vikariat absolvierte sie in Hannover. Anschließend wirkte sie elf Jahre lang als Gemeindepfarrerin in Wunstorf bei Hannover. Es folgten Tätigkeiten als Studienleiterin im Pastoralkolleg Loccum und bei der Hannoverschen Landeskirche. Seit 2008 arbeitete Klostermeier am Sozialwissenschaftlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Seit 2011 ist sie Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreis Berlin-Schöneberg.